Sonne, Strand und Meer …

… genau das hatte ich mir für meinen Sommerurlaub im Juni/Juli 2008 erträumt. Als eingefleischte Wasserratte wollte ich das miese Wetter im heimatlichen Ruhrgebiet und den ganzen Lärm des Berufsalltags mal für eine Weile hinter mich lassen. Endlich mal die Seele baumeln lassen und stundenlang im Meer baden, baden, baden – bis zum Abwinken!

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Hotel Oaz, Durres

Immer wieder wurde ich gefragt: „Warum ausgerechnet Albanien?“ Nun, die Sonne scheint in Albanien genauso schön wie in anderen südlichen Ländern auch, und außerdem möchte ich einst meinen Ruhestand in einem sonnigen Land mit Strand und niedrigen Lebenshaltungskosten verbringen. Albanien ist daher meine erste Wahl als künftiges Rentnerparadies, und das wollte ich mir unbedingt schon mal anschauen, auch wenn ich erst 44 Jahre alt bin 🙂 und bis zur Rente noch etwas Zeit habe.

Nein, ich bin nicht geflogen, sondern habe den Bus genommen: Dortmund – Durres. Eine Strecke dauert zwei Tage. Über Österreich und Italien ging es dann weiter mit der Fähre von Bari nach Durres. Die Busfahrt war recht angenehm. Ich habe mich nett unterhalten und schaute mir DVDs mit albanischer Folkloremusik an. Der einzige Wermutstropfen war die fehlende Toilette, somit musste man immer bis zum nächsten Raststättenhalt warten. Als es am Hafen von Durres durch die Passkontrolle ging, fiel der Strom aus und die Computer standen still. Ich musste ein wenig schmunzeln, hatte ich doch in dem vorzüglichen Reiseführer von Renate Ndarurinze „Albanien entdecken“ gelesen, dass durch die staatliche Elektrizitätsgesellschaft immer wieder der Strom abgestellt wird. Kaum hatte ich meinen Fuß auf albanisches Territorium gesetzt, passierte es prompt. Na ja, nach einer halben Stunde ging es weiter und dann wurde ich sogleich von einem ausgezeichnet Deutsch sprechenden Ferienjobber des Hotels „Oaz“ abgeholt.

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Blick aufs Meer vom Balkon

Das Hotel Oaz in Golem bei Durres war sehr sauber, ordentlich und preiswert, das Personal war außerordentlich freundlich und zuvorkommend. Das Hotel liegt direkt am Meer, also genau das Richtige für mich. Nachts konnte ich in meinem hübschen Zimmer mit Meeresblick und Balkon das Rauschen der Wellen hören, manchmal leider auch die Musik einer nahegelegenen Disko. Dann habe ich eben das Fenster geschlossen und die Klimaanlaage eingeschaltet. Diese funktionierte gut, nur die Lampen waren nicht hell genug zum Lesen. In Albanien ist es nämlich schon um 21.00 zappenduster.

Das Adria-Wasser war sehr warm. Man konnte stundenlang baden ohne zu frieren. Auch der feine Sand unter den Füßen war sehr angenehm. Ich verbrachte also fast  jeden Tag am Strand. Es gab hoteleigene Strandliegen und Sonnenschirme, das war super. So konnte ich jederzeit im Schatten sitzen und die Nase in meinen kleinen Albanisch-Sprachführer stecken. Es hat mir großen Spaß gemacht, mit ein paar gelernten Albanisch-Brocken um mich zu werfen und zu sehen, wie den Einheimischen vor Staunen fast die Augen aus dem Kopf flogen: Hä? Eine deutsche Touristin lernt unsere Sprache? Ich muss dazu sagen, dass ich mich als Englischlehrerin naturgemäß für Fremdsprachen interessiere. Der Klang des Albanischen ist ganz schön, aber die Grammatik ist sauschwer. Doch weil man im Urlaub ja sonst nix weiter zu tun hat, behält man das Gelernte wesentlich besser als im normalen Alltag, wo so viele Informationen auf uns einstürmen.

Die Menschen in Albanien sind sehr liebenswürdig, hilfsbereit und kontaktfreudig. Wenn ich zum Beispiel den Sonnenschirm nicht gleich aufkriegte, sprang sogleich ein Einheimischer herzu und half. Obwohl ich allein gereist bin, war es mir nicht langweilig. Ab und zu traf ich im Wasser und am Strand auf Einheimische oder Kosovaren, die Englisch oder manchmal sogar Deutsch sprachen. Der nette Ferienjobber aus dem Hotel organisierte für mich sogar eine kostenlose Stadtführung durch Tirana, denn sein Schulfreund wollte mal wieder sein Deutsch anwenden und zeigte mir die Hauptstadt. Auf mich wirkte Tirana so, wie andere Hauptstädte auch – sehr modern, bunt, lebendig. Unter anderem sah ich das Skanderbeg-Denkmal und das pyramidenförmige Gebäude, das ursprünglich als Mausoleum für Enver Hodscha gedacht war. Vielleicht wollte Hodscha es in seinem Wahn den ägyptischen Pharaonen ein wenig gleichtun, wer weiß. Jedenfalls sehnt sich kein Albaner nach dem kommunischen Spuk zurück, im Gegenteil. Zu den allgegenwärtigen Beton-Pilzen, ein die Landschaft verschandelndes kommunistisches Erbe, meinte ein Einheimischer: „Wie viele Straßen hätte man wohl stattdessen bauen können!“ Recht hat er. Beispielsweise erzählten mir die Mitreisenden im Bus, die in das Kosovo wollten, dass sie wegen der schlechten Straßen noch weitere 8-10 Busstunden vor sich haben, denn die Autobahn befindet sich noch im Bau. Normalerweise wäre man in zwei Stunden dort. Aber auch auf den Fußwegen geht es nicht immer reibungslos zu. Genau wie im Reiseführer beschrieben machte ich in Tirana Bekanntschaft mit einem ungesicherten Gulli-Deckel. Auf einmal ging es in die Tiefe, aber mein Schutzengel sorgte dafür, dass ich meinen Fuß schnell wieder oben hatte und nicht im Abwasserkanal von Tirana verschwunden bin 🙂

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Strand Hotel Oaz

Einen Tag verbrachte ich in Durres. Ich fuhr von Golem mit dem Minibus hin, das ist sehr preiswert – o,40 Euro für eine Strecke. Haltestellen und Fahrpläne gibt es nicht. Man muss sich an den Straßenrand stellen und winken, wenn man den Bus sieht. In Durres angekommen, wollte ich den Fahrer fragen, wie ich abends wieder zurück komme und wo ich mich hinstellen soll, um auf den Bus zu warten. Aber niemand im Bus sprach Deutsch oder Englisch. Doch eine freundliche Frau, die mit mir ausstieg, suchte auf der Straße und in den Geschäften so lange, bis sie einen Verkäufer fand, der Deutsch sprach. Dieser erklärte mir alles und erzählte mir auch aus seinem Leben und von seiner Zeit in Deutschland. So sind sie, die Albaner – sie nehmen sich Zeit für ein längeres Gespräch und freuen sich, einen ausländischen Touristen zu treffen. Dasselbe erlebte ich auch, als ich mir in einer Imbissbude was zu Trinken kaufte. Auch dort sprach der Verkäufer Deutsch und er schilderte mir, wie seine Familie unter dem kommunistischen Regime gelitten hatte. Ich fand das sehr bewegend, da ich selbst in der DDR aufgewachsen bin. Jedoch hat die Diktatur in Albanien weitaus schlimmer gewütet als in der DDR.

In Durres schaute ich mir das römische Amphitheater, die Moschee und die Rosa Villa an (von außen). Letztere liegt auf einem Hügel und von dort aus hat man einen herrlichen Blick auf die Stadt. Außerdem bin ich durch die Geschäfte geschlendert. Im Kaufhaus Neptun war ich – wie es schien – wohl der einzige Kunde. Ich vermute, dass sich die meisten Albaner diese Waren zu westlichen Preisen nicht leisten können. Discounter wie Aldi habe ich nirgendwo gesehen. Man kauft die Waren des täglichen Bedarfs in kleinen Tante-Emma-Läden, von denen es sehr viele gibt. Und dann fiel mir noch auf, dass es in Albanien sehr, sehr viele Baustellen gibt. Überall entstehen Häuser mit zehn und mehr Stockwerken. Auch am Strand von Golem wird gebaut: Hotel an Hotel. Der Tourismus wächst von Jahr zu Jahr und es wird wohl nicht lange dauern, bis auch die Deutschen in Scharen kommen, schließlich ist Albanien nicht nur ein preiswertes, sondern auch ein sicheres Reiseland.

Vor meinem Albanien-Urlaub hatte ich übers Internet Kontakt zu Schweizer Missionaren geknüpft, die in Durres tätig sind. Diese nahmen mich zu einem Kindergottesdienst am Strand mit. Die Kinder waren außerordentlich diszipliniert. Es wurde eine biblische Geschichte erzählt und gesungen und es war großartig zu sehen, dass es in dem ehemals ersten atheistischen Staat Europas, wie Hodscha es nannte, Kinder gibt, die Gottes frohe Botschaft hören und sich zu Jesus Christus bekennen. In der Bibel (Rö 15,19) werden die Illyrer, also die Vorfahren der Albaner, sogar erwähnt. Vor knapp 2000 Jahren hat der Apostel Paulus im Gebiet des heutigen Albanien gepredigt. Schon im ersten Jahrhundert wohnten in Durres etwa 70 christliche Familien, hat man mir erzählt. Auf diesem Kindergottesdienst lernte ich übrigens eine junge albanische Christin kennen, die ausgezeichnet Deutsch sprach. Meinen letzten Urlaubstag verbrachte ich mit ihr am Strand von Golem und am Abend begleitete sie mich zum Hafen.

Auf der Fähre erwies es sich wieder als nützlich, sich beizeiten einen Schlafplatz auf den Stühlen zu suchen. Die Nachtschwärmer mussten mit dem Fußboden vorlieb nehmen. Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn man nachts mal raus muss und über mindestens zehn schlafende Menschen steigen muss. Ich hatte jedenfalls gut geschlafen und spazierte am Morgen auf dem Schiff herum, als ich von fern die italienische Küste sah. Und dann ging’s wieder mit dem Bus in Richtung Norden – leider.

Zur Erinnerung an den herrlichen Strand habe ich mir ein paar Muscheln und ein wenig Sand mitgenommen, das Ganze in eine Glasschale getan, mit einer Kerze in der Mitte. Sieht toll aus und wenn mein Blick darauf fällt, denke ich schon wieder an den nächsten Albanien-Urlaub. Klar, mich zieht es wieder hin. Hoffentlich kann ich im nächsten Sommer etwas mehr Albanisch.

Mirupafshim!

Tabea Kunz

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